18.02.2020

Kunst und Nachfrage

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Jedes Jahr erscheint unser umfassendes Jahresprogramm, das nicht nur über die Ausstellungen informiert, sondern auch einen Über- und Einblick in das Vermittlungsangebot der Draiflessen Collection gibt. Denn neben Konzerten, Lesungen oder Diskussionsrunden bieten wir vor allem regelmäßig Führungen und Bildungsmöglichkeiten an. Die unterschiedlichen Angebote entstehen in enger Zusammenarbeit zwischen der Museumspädagogik und den jeweiligen Kurator*innen der Ausstellungen. So werden die Formate an die Inhalte und Kunstwerke angepasst, um den Besucher*innen das passende Fundament für eine spannende Auseinandersetzung bereitzustellen. 

Führung in der Ausstellung | © Draiflessen Collection

Erprobte Theorie

Grundlage der museumspädagogischen Arbeit bildet unter anderem das Prinzip der „Visual Thinking Strategy“ (VTS), das auf der Überzeugung basiert, dass jeder Mensch, egal welchen Alters, Lebenserfahrung oder kulturellem Hintergrund, Kunstbetrachtung lernen und für sich nutzen kann. Kunstwerke werden gemeinsam betrachtet und erforscht, Details wahrgenommen und besprochen, die*der Guide regt die Betrachter*innen dabei zu eigenen Überlegungen an. Hat sich während der öffentlichen und gebuchten Führungen bei Kindern und Schüler*innen je nach Alter eine Kombination aus theoretischem und praktischem Arbeiten bewährt, finden Erwachsene zunehmend Gefallen am dialogischen Führen, das ihnen die Kunst im aktiven Gespräch und in der Diskussion mit anderen näher bringt.


Ausgehend vom Prinzip der Gleichwertigkeit der Beobachtungen und deren Beschreibungen durch die Besucher*innen entsteht auf diese Weise eine tiefere Wahrnehmung. Die Methode verbessert nachweislich die visuelle Wahrnehmung, kritisches Denken und Diskussionsfähigkeiten. VTS wurde den 1990er-Jahren durch Philip Yenawine, damals Leiter der Pädagogischen Abteilung des MOMA in New York, und Abigail Housen, kognitive Psychologin in Harvard, entwickelt.


Eine weitere Herangehensweise ist das „Art Based Learning“ (ABL): Nicht lernen über, sondern von beziehungsweise mit der Kunst durch eine gedankliche Annäherung ist die Basis bei der von Dr. Jeroen Lutters entwickelten Methode. Diese folgt einem festen Ablauf, der auf Sehen, Schreiben, Sprechen basiert – abwechselnd allein und in der Gruppe. Ziel dabei ist, dass die*der Betrachter*in eines Kunstwerks, Gemäldes, Films, Buchs oder einer Skulptur immer mit einem Stück aus einer anderen Zeit – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – und Wirklichkeit konfrontiert wird, mit und in der man das eigene Leben und größere Zusammenhänge reflektieren und in diesen Kontext setzen kann. 

Guided Tour for people living with dementia | © Draiflessen Collection

Führungen und Workshops

Die individuelle Betrachtung steht in unserer Vermittlung im Vordergrund und ist immer Bestandteil verschiedener Führungsformate. Beim International Slow Art Day widmet man sich lediglich drei Werken in einer Stunde, wodurch die Auseinandersetzung mit diesen Kunstwerke besonders intensiviert wird. Kunst soll so nicht nur konsumiert, sondern verinnerlicht werden und die Kunstwahrnehmung der*des Besucherin*Besuchers nachhaltig prägen. Die Führung mit verbundenen Augen ist zum Beispiel eine besondere Erfahrung, die eigene Vorstellungen von Kunst herausfordert oder die Führungen für Menschen mit Demenz, die mit viel Zeit und Fürsorge stattfinden. 


Die Ausstellungen sollen möglichst vielfältig erfahrbar sein, weshalb es auch viele Angebote für praktische Reflektion über das Gesehene gibt. In den Schulferien bietet die Draiflessen Collection regelmäßig den MuseumsSpaß an. So haben zu den Ausstellungen GLAUBE und DER FALL DER STERNE Kinder unter Anleitung einer Filmkünstlerin Slow-Motion-Film erstellt, in denen auch der  Eindruck der gemeinsam betrachteten Kunstwerke einfloss.


Ab diesem Jahr werden wir neue Workshops anbieten: für Kinder zusammen mit ihren Familien und auch für Erwachsene. Die Anregung dazu kam auch von den Besucher*innen, die sich vielfach eine praktische Auseinandersetzung nach dem Besuch der Ausstellungen gewünscht hatten. Die Workshops legen darum den Fokus auf Wahrnehmung der Kunst und der anschließenden  Förderung individueller Ausdrucksmöglichkeiten. Kunstrezeption wird so zu individueller Kunstproduktion.

Art Workshop | © Draiflessen Collection, Mettingen

Unsere Museumspädagogin Tanja Revermann entwickelt Formate, die Brücken zwischen den Besucher*innen und der ausgestellten Kunst bauen.  Es soll nicht vorrangig darum gehen, „Kunst zu verstehen“, sondern den eigenen Zugang zu finden. Neben altbewährten Programmpunkten  finden immer auch einmalige Workshops – wie die Sommerakademie mit dem Künstler Jan van der Kooi – statt.

Workshop | © Draiflessen Collection

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