14.01.2019

2019: What’s new? Blick zurück nach vorne

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Es sollte auf keinen Fall eine Neujahrsansprache werden, zumal der erste Januar jetzt auch schon wieder einige Zeit vorbei ist. Dennoch ist gerade der Jahresbeginn ein perfekter Zeitpunkt, unsere Direktorin, Dr. Corinna Otto, zu Wort kommen zu lassen. Also haben wir mit ihr gesprochen – zum einen darüber, was 2019 in der Draiflessen Collection zu sehen sein wird, was an Veranstaltungen und neuen Projekten geplant ist, und um in das neue Jahr zu schauen, empfiehlt es sich zum anderen, erst einmal zurückzublicken auf das vergangene Jahr, vielleicht auch generell auf das, was in den letzten Jahren in und mit der Draiflessen Collection passiert ist – denn das ist nicht gerade wenig.

Annual Programme 2019 | © Draiflessen Collection

„Angekommen!“

Befragt danach, wie sie möglichst knapp das letzte Ausstellungsjahr zusammenfassen würde, antwortet Corinna Otto nach kurzem Überlegen: „Wir sind ein Stück weit angekommen!“ Das will erläutert werden und bedarf eben des Blicks noch weiter zurück zu einem sehr wichtigen und einschneidenden Datum, dem 1. März 2017. Seit diesem Zeitpunkt ist die Draiflessen Collection gemeinnützig , hat damit nicht nur den großen Wunsch, sondern auch den Auftrag nach noch mehr Öffentlichkeit als zuvor umgesetzt. Wesentlich erweiterte Öffnungszeiten, mehrere Ausstellungen pro Jahr, der Ausbau der museumspädagogischen Angebote und des Ausstellungsbegleitprogramms sowie auch der Kommunikation nach außen, unter anderem durch Social Media, waren dabei ganz wesentliche Punkte. Nach nahezu zwei Jahren zieht sie als Fazit: „Die Besuchszahlen sowie nicht zuletzt auch die positive Resonanz unserer Besucherinnen und Besucher (nicht zuletzt auf den digitalen Plattformen) seitdem haben uns gezeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir sind also „ein Stück weit dort angekommen“, wo wir hinwollten, ohne dabei weiterhin auf neue Impulse oder gar die Fortsetzung dieses Wegs zu verzichten, der längst noch nicht abgeschlossen ist.“

Face-to-Face with Images | © Draiflessen Collection, Foto/photo: Henning Rogge

Nicht alles passt für alle. Und das ist gut so!

Wir möchten noch „offener“ werden, den Dialog mit unseren Besucherinnen und Besuchern verstärken, deren Rückmeldungen unsere Arbeit spiegeln, bestätigen, aber auch hilfreich hinterfragen. Wie können wir zum Beispiel unterschiedliche Methoden der Kunstbetrachtung anwenden, um den vielfältigen und anspruchsvollen Bedürfnissen derer entgegenzukommen, die unsere Ausstellungen besuchen?
In der Ausstellung „Dem Bild gegenüber“, die im Herbst 2017 eröffnet wurde, haben wir dialogische Führungen angeboten, das direkte Gespräch vor dem jeweiligen Kunstwerk mit Besucherin und Besucher gesucht. Das war für viele neu und ungewohnt, wurde aber trotzdem zumeist sehr gut aufgenommen. Es geht dabei ja darum, den eigenen Gedanken zum Werk Raum zu schaffen, ihnen Berechtigung im Austausch mit der wissenschaftlichen Betrachtung zu verleihen. Für manche war es irritierend, sich so unerwartet äußern zu sollen, schließlich komme man ja nicht ins Museum und bezahle eine Führung, um dann auch noch selber zu sprechen … Auch wenn wir durchaus viele vom besonderen Mehrwert einer solchen „Führung“ überzeugen konnten: Nicht alles passt für alle. Und das ist gut so!

Der Gedanke der Partizipation beschäftigt uns insgesamt: So haben wir uns am International Slow Art Day beteiligt, der am 14. April 2018 stattfand. Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren aufgefordert, sich ein Werk auszusuchen, das sie aus ganz persönlichen Gründen anregte, um sich mit diesem dann ausschließlich, dafür umso intensiver auseinanderzusetzen. Für viele eine großartige Erfahrung. Übrigens auch für einige aus unserem Team – wir „durften“ im Vorfeld nämlich ebenfalls an einer solchen Veranstaltung teilnehmen.

Kunst betrachten | © Draiflessen Collection

Hello 2019!

Mit diesen wertvollen Erfahrungen docken wir dann auch an die im kommenden Mai startende Trilogie „Glaube, Liebe Hoffnung“ an. Jede der drei separat konzipierten und nacheinander eröffnenden Ausstellungen konzentriert sich auf die vielleicht ungewohnt geringe Anzahl von zehn bis fünfzehn Exponaten. Es sind damit also Präsentationen, so bemerkt Corinna Otto, „in denen man sich nicht beeilen muss. Jedes der einzelnen Werke hat auch im übertragenen Sinn Raum und Zeit, sich zu entfalten und, vor allem, in der Wahrnehmung der Betrachterinnen und Betrachter individuell erleben zu lassen. Im Prinzip fast so etwas wie der bewusste Gegenentwurf zu einer Blockbuster-Ausstellung.“ Mutig? Frech? Waghalsig? Wir sind auf jeden Fall gespannt auf den Dialog mit unseren Besucherinnen und Besuchern.


Dass es nicht einer großen Anzahl von Exponaten bedarf, um bei Besucherinnen und Besuchern nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, hat bereits die Ausstellung „Der Fall der Sterne“ gezeigt, die im März 2018 eröffnet und „nur“ drei künstlerische Positionen präsentiert hat: Sowohl Verweil- als auch Führungsdauer entsprachen denen üblicher „großer“ Präsentationen.
Den entscheidenden Impuls zu dieser Ausstellung hat der Ankauf der Videoarbeit „In the Land of Drought“
 2015/17 des Künstlers Julian Rosefeldt (*1965) 2017gegeben. So stellt dann diese Ausstellung, die zeitnah nach dem Erwerb startete, auch eines ihrer persönlichen Highlights 2018 dar.  „Es war besonders schön, aber für uns planerisch auch eine Herausforderung Rosefeldts Arbeit nicht zunächst im Depot verschwinden zu lassen, sondern fast sofort der Öffentlichkeit zu zeigen“ erinnert sie sich. Der Künstler selbst war begeistert über die Präsentation, die seine Videoarbeit, Albrecht Dürers „Apokalypse“ und Johannes Gersons endzeitliche Ankündigungen in einen gemeinsamen Kontext stellte.

The Fall of the Stars | © Draiflessen Collection

Glaube, Liebe Hoffnung

Zurück zum Ausstellungsprogramm 2019:  Angekündigt ist eine Ausstellungstrilogie, „Glaube“, „Liebe“ und „Hoffnung“. Was können wir unter diesen Titeln erwarten, kommen sie doch zunächst wie sattsam bekannte Schlagworte daher, mit denen man sofort scheinbar klare Inhalte vermittelt?
So offensichtlich und eindeutig, betont Corinna Otto, sei es selbstverständlich aber nicht – eher im Gegenteil: „Wer zum Beispiel unter dem Titel „Glaube“ eine Ausstellung religiöser Werke vermutet, wird enttäuscht werden. Die Präsentation setzt sich ab 19. Mai 2019 anhand von künstlerischen Positionen der letzten 120 Jahre vielmehr mit existenziellen Fragen des Menschseins auseinander: Wie kann man in diesen Zeiten bestehen? Wie lassen sich Gespenster der Vergangenheit oder auch der Gegenwart bewältigen? Welche Erzählungen sind es, die das Leben prägen, Sinn stiften und Welt organisieren? Und welche Rolle spielt Glaube dabei? Geht es um die Anerkennung Gottes? Liegt die Quelle des Glaubens in der Heiligen Schrift oder in der Kirche? Ist Glauben ein metaphysisches oder ein moralisches Phänomen? Wir fanden es extrem spannend uns einem Thema, welches so offensichtlich und einfach erscheint, aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu nähern“, berichtet Corinna Otto über die konzeptuelle Findungsphase mit der Kuratorin der Ausstellung „Glaube“, Dr. Barbara Segelken.


Angesichts aktueller musealer Präsentationen zum Thema Liebe, die sich dem Titel nach schwerpunktmäßig mit „Ekstase“ (Kunstmuseum Stuttgart) oder in „What is love?“ (Kunsthalle Bremen) ausdrücklich mit „Fragen zu Liebe, Partnerschaft, Erotik, Schönheit und Narzissmus“ beschäftigen, beschreibt unsere Ausstellung „Liebe“ ab 13. Oktober 2019 dieses elementare Phänomen wiederum aus einer anderen Perspektive: nicht als kurzlebigen Affekt oder als leidenschaftliches Gefühl, sondern in erster Linie als eine Form (besonderer) sozialer Beziehungen und Bindungen. Auch hier werden Positionen von Künstlerinnen und Künstlern der Moderne bis in die Gegenwart präsentiert.

Michael Buthe, Der Engel und sein Schatten, 1974, Sammlung Rosenstiel, Köln | © Sammlung Rosenstiel, Köln, VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Foto: Friedrich Rosenstiel

Das Rembrandt-Jahr 2019

Nicht zu vergessen: 2019 jährt sich der Todestag von Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606– 1669) zum 350. Mal. „Wir werden zwei Kabinettausstellungen zu Rembrandt zeigen, da wir in der Liberna Collection über einen wunderbaren Bestand an Grafik und Zeichnungen dieses einmaligen Genies des Goldenen Zeitalters verfügen“, freut sich Corinna Otto. „fremd und vertraut“, ab 28. März, zeigt ausgewählte Radierungen biblischer Szenen, die vor allem durch seine Inszenierung von Licht und Dunkelheit berühren. Die Ausstellung „Vom Wesen der Landschaft“, wird am 6. September eröffnet. Hier treten Rembrandts Landschaftsradierungen in Dialog zu den Landschaftsdarstellungen des zeitgenössischen Künstlers Jan von der Kooi (*1957).

Rembrandt Harmensz. van Rijn, Joseph, seine Träume erzählend, 1638 | © Draiflessen Collection (Liberna), Foto/photo: Stephan Kube

Austausch und Zeit

Für 2019 stehen also vor allem die Stichworte „Austausch“ und „Zeit“ im Vordergrund: noch mehr Dialog mit unseren Besucherinnen und Besuchern, Zeit und Raum für die Kunst und die Kunstbetrachtung. Und im Kontext des Ziels, immer mehr ein „offenes Haus“ zu werden, wie Corinna Otto betont auch für Wissenschaft und Forschung:
„Im November 2018 wurde
 „DAS Forum“ eröffnet (DAS steht für „Draiflessen, Archiv und Sammlung“). Es ist innerhalb der Draiflessen Collection ein ganz neuer Ort des interdisziplinären Austauschs rund um das Thema Familienunternehmen. Wir haben es ganz bewusst als offenen Raum für Studien, Forschung und Dialog konzipiert  – bewusst auch für interessierte Laiinnen und Laien.  Ich bin sehr gespannt, wie sich dieser „neue Ort“ entwickeln und etablieren wird.“


Dr. Corinna Otto ist seit 2014 die Direktorin der Draiflessen Collection. Sie studierte Erwachsenenbildung, Kunstgeschichte und Philosophie an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg und promovierte dort 2000 über die Vermittelbarkeit von zeitgenössischer Kunst. Nachdem sie lange Jahre als Geschäftsführerin den Oldenburger Kunstverein leitete, arbeitete sie fünf Jahre in der privaten Sammlungsbetreuung und Kunstberatung.
Aus ihrem Werdegang erschließt sich schnell, dass es ihr um die Vermittlung der Kunst geht und dass sie die Draiflessen Collection
mit einem interdisziplinären Ansatz weiterentwickelt.

Comments

21.01.2019 - 11:18
Am gestrigen Sonntag durfte ich eine exzellente Führung durch die Liberna mit den Holländer Herr Peterse erleben. Die anschließende öffentliche Führung um 15.00 durch die Ausstellung war höchst unerfreulich. Es wurde wenig zu den Objekten erzählt und zur modernen Kunst hatte der Mann überhaupt keinen Zugang. Er äußerte sich höchst destruktiv. Das sind wir vom Museum nicht gewohnt. Die Führungen, die ich bisher erlebt habe, waren sehr gut.
21.01.2019 - 12:56
Team Draiflessen Collection
Wir bedauern sehr, dass Ihnen die zweite Führung am Sonntag nicht gefallen hat und werden dem nachgehen. Umso mehr freut uns die positive Rückmeldung zur Führung durch die „REISE.BILDER“. Vielen Dank für den Hinweis, uns ist Feedback vonseiten unserer Besucherinnen und Besucher sehr wichtig!
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